Darf ich das Stammkapital der GmbH verbrauchen?

Fallstricke, Risiken und rechtliche Tipps

Kanzlei Ettl – Ihre Fachanwältin für Gesellschaftsrecht in Würzburg

Das Stammkapital der GmbH – oft auch als Haftsumme oder „Grundstock“ der Gesellschaft bezeichnet – wirft immer wieder Fragen auf: Muss es dauerhaft unangetastet bleiben? Wann darf es verwendet werden? Und was ist bei Zahlungen an Gesellschafter oder verbundene Unternehmen zu beachten?

  

1. Darf eine GmbH ihr Stammkapital nutzen?

 Ja, das Stammkapital darf grundsätzlich für Gesellschaftszwecke verwendet werden. Es ist kein „Sperrkonto“, das dauerhaft unangetastet bleiben muss. Die GmbH kann mit dem Kapital wirtschaften, Investitionen tätigen oder laufende Kosten decken.

 

Aber Achtung:

Nicht zulässig ist die Auszahlung des Kapitals an Gesellschafter – es sei denn, es besteht ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch. Andernfalls droht ein Verstoß gegen § 30 GmbHG mit gravierenden rechtlichen Folgen – bis hin zur persönlichen Haftung der Geschäftsführung.

  

2. Was sagt das Gesetz?

 Das GmbH-Gesetz regelt die Kapitalerhaltungspflicht sehr klar. § 30 Abs. 1 GmbHG lautet:

 

„Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen darf an Gesellschafter nicht ausgezahlt werden.“

 

Das bedeutet: Jede Auszahlung, die das Haftkapital gefährdet, ist unzulässig – selbst wenn sie wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Im Insolvenzfall haftet der Geschäftsführer persönlich, wenn er nicht frühzeitig handelt. Die Gesellschafter haften, wenn ihre Einlage als nicht erbracht gilt.

 

3. Ankauf von Gegenständen durch die Gesellschaft – Risiko verdeckte Sachgründung bei der GmbH

 Besonders problematisch wird es, wenn die GmbH kurz nach der Gründung vom Gesellschafter Gegenstände kauft. Besteht ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Einlageleistung, spricht man von einer verdeckten Sachgründung. Diese ist unzulässig und führt dazu, dass die Einlage nicht anerkannt wird – der Gesellschafter muss nachzahlen.

 

Auch die Verrechnung mit Darlehensforderungen kann eine verdeckte Sacheinlage darstellen. Das Risiko besteht bereits bei scheinbar harmlosen Geschäftsvorgängen – eine sorgfältige Planung ist also essenziell.

   

4. Darlehen an Gesellschafter oder verbundene Unternehmen – ein schwieriger Weg

Die Überlegung liegt nahe: Warum soll das Stammkapital ungenutzt auf dem GmbH-Konto liegen, wenn es der GmbH & Co. KG oder einem Gesellschafter für den operativen Betrieb zur Verfügung gestellt werden kann? Doch rechtlich ist diese Gestaltung äußerst heikel – und unterscheidet sich in der Bewertung, je nachdem an wen das Darlehen geht.

 

➤ Darlehen an Gesellschafter

Ein Darlehen an einen Gesellschafter ist streng reguliert. Nach § 30 GmbHG dürfen Auszahlungen an Gesellschafter nur dann erfolgen, wenn sie durch einen vollwertigen Rückzahlungsanspruch gedeckt sind. Das bedeutet:

  • Das Darlehen muss jederzeit rückzahlbar sein – im Zweifel sofort.
  • Der Gesellschafter muss finanziell leistungsfähig sein.
  • Es dürfen keine Anzeichen für eine verdeckte Einlagenrückgewähr bestehen.

Besonders kritisch wird es, wenn das Darlehen zeitlich oder sachlich mit der Einlageleistung verknüpft ist – etwa weil es direkt nach Einzahlung der Stammeinlage gewährt wird. Die Rechtsprechung vermutet in solchen Fällen eine verdeckte Sachgründung. Die Folge: Die Einlage gilt als nicht erbracht, und der Gesellschafter muss erneut einzahlen. Zudem drohen strafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführung.

 

➤ Darlehen an die eigene GmbH & Co. KG

Noch komplizierter ist die Lage, wenn das Stammkapital von der GmbH an eine GmbH & Co. KG weitergeleitet werden soll, an der dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt: Auch hier darf das Kapital nicht sofort weitergereicht werden, da es sonst nicht als ordnungsgemäße Einlage gilt.

 

Ein solches Darlehen ist nur dann zulässig, wenn strenge Voraussetzungen erfüllt sind (OLG Schleswig):

  •  Die Darlehensgewährung muss bereits bei der Gründung gegenüber dem Handelsregister offengelegt werden.
  •  Das Darlehen muss jederzeit rückforderbar und am besten auch besichert sein.
  •  Der Rückzahlungsanspruch muss werthaltig sein – und zwar nachweislich.

 In der Praxis ist das kaum realisierbar – denn eine neu gegründete GmbH & Co. KG kann in der Regel gerade nicht beweisen, dass sie sofort rückzahlungsfähig ist. Wird das Darlehen dennoch gewährt und kommt es zur Schieflage, haften die Gesellschafter und Geschäftsführer persönlich.

 

5. Fazit und Empfehlung

Das Stammkapital darf für betriebliche Zwecke genutzt werden – am besten aber nicht für Transaktionen mit Gesellschaftern.

 Vermeiden Sie Auszahlungen oder Darlehen an Gesellschafter und verbundene Unternehmen ohne fundierte rechtliche Prüfung. Die Risiken reichen von Nachschusspflichten bis zur persönlichen Geschäftsführerhaftung.

 

   

Als Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht in Würzburg unterstütze ich Sie gerne bei allen Fragen zur Verwendung des Stammkapitals - vor Ort im Gebiet Würzburg/Mainfranken oder deutschlandweit online.

 

Bildnachweis: Foto von Sasun Bughdaryan auf Unsplash

 

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